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«Frauen in der Landwirtschaft», Teil 5

Jasmin Besançon-Ramseyer führt als Betriebsleiterin zusammen mit ihrem Vater die Funrange im Selzacher Haag. Alpakas sind ihre Leidenschaft.

Jasmin Besançon-Ramseyer rückt die frisch gebundenen Blumensträusse im Selbstbedienungsstand zurecht, dann holt sie die Besucherinnen und Besucher ab, die sich vor der Alpaka-Weide versammelt haben. Drei Erwachsene und vier Kinder sind es an diesem Samstag, die einen Spaziergang mit den „Kamelen der Anden“ gebucht haben. Besançon hat ihnen ein Zvieri parat gemacht, selbstgebackene Küchlein und hofeigener Apfelsaft, das sie nun verteilt. Dann leitet sie die Besuchenden an, wie die Alpakas anzuhalftern sind. Was jedes einzelne Tier mag, was nicht. Besançon scheint gesegnet mit Geduld. Seit 2018 wohnt sie zusammen mit ihrem Mann Olivier und ihrem fünfjährigen Sohn Gilles hier im Haag, wo sich 1910 ihre Vorfahren niederliessen. Sie ist die vierte Generation. 

Zusammen mit ihrem Vater leitet sie den Betrieb, die „Funrange“, mit 25 ha Ackerland. „Jeder hat seine Bereiche“, sagt Besançon. Für den Ackerbau ist der Vater zuständig, Besançon verantwortet die Blumen, das Gemüse und die Alpakas. Die Tiere hält sie seit 2018. Im Freilaufstall, den früher Black-Angus-Rinder bewohnt hatten. Doch Fleischproduktion war einst, Milchproduktion ebenfalls. Heute setzt sie auf Alpakas als Nutztiere. Sie habe sich für die Tiere zu interessieren begonnen, habe eine Schulung zur Haltung besucht, da „habe es ihr den Ärmel reingenommen“. Aus der Wolle der Tiere lässt sie in der Schweiz hochwertige Produkte herstellen, etwa Duvets, die als reines Naturprodukt eine Alternative zur Daune sind. Sie verkauft sie zusammen mit anderen Alpakaprodukten und bietet Spaziergänge mit den Tieren an, die mit ihrem freundlichen Gemüt im Umgang mit Kindern geeignet sind. Die Zucht ist noch im Aufbau, ab kommenden Frühjahr will sie einen „Deckservice“ anbieten. 

2014 begann Besançon, auf dem Hof ihres Vaters zu arbeiten. „Ich bin gelernte Floristin und führte ein eigenes Geschäft, bis ich merkte, dass es mich immer wieder hierher zog.“ Eine Zeitlang hatte sie im Blumengeschäft Angestellte, die sie vertraten, während sie bei ihrem Vater arbeitete. Heute kann sie auf der Funrange nicht nur ihren Beruf ausleben – das grosse Feld mit den Blumen zum Selbstpflücken pflegt sie fast das ganze Jahr – sondern mit den vielseitigen Tätigkeiten als Landwirtin auch ihre Leidenschaft. Das Blumenfeld hat sie durch Gemüse, etwa Buschbohnen, und Kräuter ergänzt.  Das Herzstück der Produktion sind die Kürbisse, die sie auf etwa einer Hektare Land anbauen. Das seit 20 Jahren. „Mein Vater hatte damals im kleinen Rahmen mit dem Direktverkauf von Kürbissen angefangen, die lange Zeit als Schweinefutter galten.“ Die Aufwertung zum gesunden Verzehrgemüse kam später. Inzwischen ist der Kürbisverkauf zu einem wichtigen Betriebszweig geworden. Es sind zehn bis 15 Tonnen, die Besançon mit ihrem Vater und ihrem Mann jährlich vom Feld zum Hof schleppt und dort am Brunnen wäscht. „Zum 20-jährigen Jubiläum haben wir ein Kürbisbier gebraut, als limitierte Edition.“ Nun ist das Bier bei der Kundschaft so gut angekommen, dass Besançon es auch weiterhin anbieten wird.

Ihr Mann hilft mit. Überall. Auf dem Feld genauso wie im Stall. Das neben seiner beruflichen Vollzeit-Tätigkeit als Projektleiter in einer Gipserei. „Es hat sich beispielsweise so ergeben, dass mein Mann und mein Vater zusammen säen.“ Die Vermutung liegt nahe, dass der kleine Gilles dann ebenfalls dabei ist, auf dem Traktor. Wo drei Generationen zusammen säen, wird die exemplarischste aller landwirtschaftlichen Handlungen beinahe symbolisch. 

Besançon ist eine fähige und vorausschauende Geschäftsfrau. Als solche muss sie den Markt und das Konsumentenverhalten evaluieren, abschätzen, was für die nächsten Jahre Zukunft hat und was nicht. Und den Mut haben, darauf zu reagieren. So haben sie vor ein paar Jahren mit der Sojaproduktion begonnen. Dies neben Urdinkel, Weizen, Sonnenblumen und Raps. „Urdinkel und Soja waren damals noch Nischenprodukte. Der Preis wird aber auch dort rapide sinken, früher oder später“, weiss Besançon. Das wiederum wird die Produktion beeinflussen. Die Vielfalt sei ihr wichtig, genauso wie die Direktvermarktung. 

Besançon hat ihre Ausbildung zur Landwirtin in Bärau, am Bildungszentrum Inforama, absolviert, in einer zweijährigen Zweitausbildung. Dort hat sie Strukturen und Abläufe gelernt, die sie täglich auf ihrem Betrieb – er ist seit 2018  in ihrem Eigentum – anwendet. Als Generationengemeinschaft bewirtschaften Vater und Tochter ihn gemeinsam. Die Praxis auf dem Hof aber hat sie vom Vater gelernt. „Er ist innovativ und offen für Neues.“ Das sei ein Glück. Bereits beim Umbau 2017, noch vor dem Umzug, habe sich das gezeigt: „Für ihn war klar, dass wir je eine eigene Wohnung haben. Und dass angeklopft wird, bevor man eintritt.“ Obwohl sie das als Kind anders erlebt hat. Die Grosseltern lebten damals bei ihnen unter einem Dach. Besançon hat die ersten drei Jahre ihres Lebens im Haag verbracht, danach wuchs sie mit ihrer Mutter und ihrem älteren Bruder in Arch auf.